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Like a Dream

Bücher-Blog des homoerotischen Internetportals "Like a Dream" (www.like-a-dream.de). Hier werden vorwiegend homoerotische Romane vorgestellt, aber auch Kinder- und Jugendbücher.

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Stubentiger wider Willen

Stubentiger wider Willen - Chris T. Kat

Story:
Nachdem der fünf Jahre jüngere Frischling der Firma Andrew dem schwarzen Gestaltwandler Jim den begehrten Chefdesignerposten vor der Nase wegschnappt, kocht Jim vor Wut. Nicht nur fühlt er sich von seinem Freund und Geschäftsführer Marshall übergangen, er muss fortan auch Andrew zuarbeiten. Um sich seinen Frust von der Seele zu laufen, stromert er abends als Kater durch die Gegend. Der Zufall will es, dass er von einem Gewitter direkt auf Andrews Terrasse getrieben wird, wo er von dessen Sohn Tony aufgegabelt wird. Der Junge verliebt sich sofort in Jims Katzenform und tauft diesen Mr. Frosty, und obwohl Jim es nicht will, taucht er immer bei der Familie auf. Nach und nach lernt er Andrew und Tony besser kennen, erfährt von den vielen Problemen, die der alleinerziehende Vater hat und freundet sich schließlich auch als Jim mit Andrew an.

 

Als Tony erkennt, dass Jim und Mr. Frosty dieselbe Person sind, beginnen für den jungen Grafiker die ersten Probleme. Hinzukommen Jims wachsende Gefühle für Andrew. Die schon bald für weiteres Chaos sorgen …

 

Eigene Meinung:
„Stubentiger wider Willen“ ist der erste Roman von Chris T. Kat, der auf dem deutschen Markt erschienen ist. Erstmals kam die Geschichte um Jim und Andrew unter dem Titel „Purrfect Match“ 2012 bei Dreamspinner Press heraus, bei dem weitere Romane der Autorin vorliegen.

 

Die Geschichte bietet eine gute, interessante Grundidee, aus der man durchaus eine Menge hätte machen können. Leider konzentriert sich die Autorin fast ausschließlich auf die Probleme von Andrew und Tony, als Jims Fähigkeiten die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen. Dadurch verschenkt sie das meiste Potenzial, da das Gestaltwandeln und die Schwierigkeiten, die diese Fähigkeit mit sich bringen, kaum behandelt werden. Stattdessen darf sich der Leser zum Beispiel mit Tonys Schulproblemen, Andrews ehemaliger Beziehung und die kleineren und größeren Schwierigkeiten, die der Umzug in eine neue Stadt für Andrew und seinen Sohn mit sich bringt, auseinandersetzen. Zudem scheint der übernatürliche Aspekt irgendwann komplett wegzufallen (insbesondere nachdem Andrew von der Fähigkeit seines Freundes erfahren hat), was Jim mehr und mehr zum Statisten abstempelt, der dafür da ist, die Geschichte zu erzählen, anstatt sie mitzubestimmen.


All diese Punkte sorgen dafür, dass Jims Gabe des Gestaltwandelns für die Autorin eher Mittel zum Zweck gewesen ist, um die beiden Hauptfiguren zusammen zu bringen. Für die Geschichte ist dieser Punkt überhaupt nicht relevant – man hätte diesen übernatürlichen Aspekt ebenso gut streichen können, ohne, dass sich die Handlung grundlegend verändert hätte. Das was „Stubentiger wider Willen“ wirklich interessant hätte machen können, spielt keine nennenswerte Rolle mehr.

 

Die Charaktere sind ebenfalls recht stereotyp geraten. Erstaunlicherweise ist Jim am blassesten von allen, obwohl das Buch aus seiner Sicht geschrieben ist. Das liegt vor allem an den oben erwähnten inhaltlichen Schwächen. Man erfährt zwar grob, was in seinem Inneren passiert und wie es um seine Gefühle bestellt ist, doch sein Leben und seine Vergangenheit bleibt verhältnismäßig blass. Damit ist auch das Gestaltwandeln gemeint. Wer darauf hofft, Hintergründe zu erfahren, oder mit irgendwelchen Schwierigkeiten konfrontiert wird, die diese Gab mit sich bringt, hofft vergeblich. Dafür wird öfters Jims Aussehen (schwarz, fast zwei Meter groß) zu einem Problem, insbesondere als er über eine Beziehung zu Andrew nachdenkt.

 

Andrew als zweiter Hauptcharakter ist ein wenig besser ausgearbeitet, auch wenn er oftmals unrealistisch reagiert und für meinen Geschmack zu „nah ans Wasser gebaut“ ist. Am Ende des Buches ist sich der Leser nicht mehr sicher, wer mehr Tränen vergossen hat – er oder sein Sohn Tony. Dieser ist glücklicherweise gut gelungen und portraitiert einen sechsjährigen Jungen, der mit der Schule und Mobbing zu kämpfen hat zumeist glaubwürdig. Hin und wieder verhält er sich nicht ganz seinem Alter entsprechend, insbesondere wenn es um die Beziehung zwischen Jim und Andrew geht.

 

Stilistisch ist „Stubentiger wider Willen“ gut geschrieben und liest sich schnell und flüssig. Die Geschichte wird aus Jims Sicht erzählt, so dass man sich gut mit dem Charakter identifizieren und auf ihn einlassen kann. Angenehm ist, dass sich Chris T. Kat mit Erotik zurückhält – bis auf eine ausführlichere Szene wird abgeblendet, so dass der Roman nicht durch übermäßig viele, detaillierte Sexszenen in die Länge gezogen wird. Für den Leser ist dies ganz angenehm, da sich die Autorin mehr auf die Geschichte konzentriert.

 

Fazit:
„Stubentiger wider Willen“ ist ein netter Gay Romance Roman für zwischendurch, der leider einiges an Potenzial verschenkt, da Chris T. Kat die falsche Gewichtung legt. Es wird zu viel Wert auf Andrew und Tony gelegt, Jims besondere Fähigkeiten finden leider kaum Erwähnung. Dadurch ist „Stubentiger wider Willen“ leider nur bedingt zu empfehlen, denn im Großen und Ganzen erwartet den Leser nur eine 08/15-Liebesgeschichte, die sehr einseitig aufgebaut ist. Schade, aus der Grundidee hätte man mehr machen können …

Quelle: http://www.like-a-dream.de